Energieversorger

Energieversorger

ISBN 978-3-937676-02-9
7,90 € inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten
oder als Sechser-Pack im Angebot.
Versandfertig innerhalb von 2 Tagen

Sind Energieversorger Abzocker? Sind Energieversorger Umweltzerstörer, Atomfetischisten und Monopolisten? Sind sie träge und servicefeindlich? Dieses Buch widerlegt in nur einer Stunde auf intelligente Weise die beliebtesten Vorurteile. Werden Sie schnell schlauer.

Vorurteil Nr. 1
Energieversorger sind Abzocker. sie erhöhen bei jeder Gelegenheit die Preise.

Vorurteil Nr. 2
Energieversorger scheren sich nicht um Umweltschutz. Sie lassen ihre alten Kraftwerksmühlen qualmen, ohne Rücksicht auf das Klima.

Vorurteil Nr. 3
Energieversorger sind Atomfetischisten. Sie setzen zu wenig auf erneuerbare Energien. Sonne, Wind und Wasser interessieren sie nur im Urlaub.

Vorurteil Nr. 4
Energieversorger missbrauchen ihre Monopolstellung. Sie manipulieren den Markt und behindern den Zugang neuer Anbieter.

Vorurteil Nr. 5
Energieversorger sind träge und unmodern. Sie investieren ihre Milliardengewinne nicht, sondern bremsen den Fortschritt, wo sie können.

Vorurteil Nr. 6
Energieversorger sind service-feindlich. sie lassen ihre Kunden in den Warteschleifen der Callcenter hängen.

 

Leseprobe:

Thomas Alva Edison war ein kreativer und geschäftstüchtiger Erfinder. Er schenkte der Welt die Glühbirne, vor allem aber das Edison-Gewinde, mit dem bis heute jeder Laie eine Birne in die Fassung schrauben kann. Edison baute das erste Kraftwerk und zog unterirdische Leitungen durch New York. Aber bei aller Phantasie, die diesen Mann ausmachte, hat er sich kaum vorstellen können, was bis heute Wirklichkeit geworden ist: Strom in jeder Zimmerecke, überall leuchten Edisons Birnen. Der Mensch hat die ganze Erde mit einem engmaschigen Versorgungsgewebe umspannt. 

Das Stromnetz ist der Blutkreislauf der modernen Welt. Ohne Strom ist alles nichts – Heizung, Transport, Kommunikation, Industrie, selbst der Nachschub von Nahrungsmitteln ist auf ununterbrochenen Energiefluss angewiesen, auf zuverlässige Kraft werke und auf Menschen, die sie bedienen, warten und allzeit für Spannung sorgen. 

Edisons Erben sind die Arbeiter, Ingenieure und Manager der Energieversorger. Stromer arbeiten mit Wissen, Fleiß und Unternehmermut daran, die Stromversorgung aufrecht zu erhalten und auszubauen. Der Erfolg: Deutschland hat im internationalen Vergleich minimale Stromausfälle. Das Netz steht, der Nachschub funktioniert meist reibungslos. Man könnte annehmen, die deutsche Stromversorgung sei nahezu perfekt und fertig gestellt. Wer so denkt, macht einen Leichtsinnsfehler. Der Fortschritt kennt kein Fertigsein. Die Menschheit steht immer wieder am Anfang, muss Neues probieren und sich von Altem verabschieden. 

Edison war ein Mann, der Mut hatte, vor allem aber die nötige Portion Verwegenheit, um Dinge zu versuchen, die andere nicht zu denken wagten. Er riskierte etwas, ohne genau zu wissen, was daraus werden würde. Aber er glaubte an die Zukunft. 

So wie die Stromer es heute tun. In kaum einer anderen Branche verändern sich die Bedingungen so rasant wie in der Energiewirtschaft , ob politisch, gesellschaftlich oder technologisch, in kaum einer Branche müssen Entscheidungen zugleich so langfristig vorbereitet, abgewogen und finanziert werden. In wenigen Jahren wurde der Strommarkt liberalisiert, entstand ein scharfer internationaler Wettbewerb, wurde ein Atomausstieg beschlossen und stiegen erneuerbare Energien zur ernstzunehmenden Alternative auf. Energieproduktion mit Klimaschutz zu günstigen Preisen – dieser Aufgabe stellen sich die Energieversorger jeden Tag. 

Anders als ihrem Ahnen Edison fliegen den Stromern heute aber nicht mehr die Herzen zu. Energieunternehmen gelten als Abzocker, Umweltzerstörer und Monopolisten, als Plage ihrer Kunden und Feinde des Fortschritts. 80 Prozent der Bevölkerung sehen die Energiewirtschaft  laut einer Umfrage des Allensbach-Instituts für Demoskopie kritisch: «Das Bild der Bevölkerung wird von hohen Gewinnen, überhöhten Preisen, Mangel an Transparenz und unzureichendem Wettbewerb beherrscht. 92 Prozent schreiben den Unternehmen zu, sie verlangten überhöhte Preise, 85 Prozent halten sie für schwer kontrollierbar, 74 Prozent sehen sie kaum einer nennenswerten Konkurrenz ausgesetzt. 93 Prozent unterstellen ihnen hohe Gewinne, aber nur 25 Prozent gestehen ihnen hohe Gewinne zu.» 

Die Energieversorger trifft das Schicksal aller, die Funktionierendes bereitstellen. Was läuft , wird als normal hingenommen. Dabei beneiden viele Länder die Deutschen um ihren sicheren Rund-um-die-Uhr-Strom. Geht allerdings etwas schief, haben in den Augen der Öffentlichkeit die Verantwortlichen versagt. Ursache für solche Missverständnisse sind oft  mangelndes Wissen um die Herausforderungen von Energieunternehmen und Bedingungen ihrer Arbeit. Darum soll es hier gehen: die beliebtesten Vorurteile der Bundesbürger durch Fakten zu entkräften; Verständnis zu schaffen für Menschen, die einen der wichtigsten Jobs in unserer Gesellschaft erledigen und sich bemühen, ihn gut zu tun. Eine sichere, bezahlbare, unabhängige und umweltschonende Energieversorgung ist von elementarem Interesse für alle – die Debatte darüber muss versachlicht werden. 

Der häufigste Vorwurf an Energieversorger lautet, sie seien Ausbeuter. Steigende Energiepreise bei guten Gewinnen verstärken den Eindruck, hier werde sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichert. 

Es lohnt sich aber, etwas genauer hinzuschauen. Zunächst fällt auf, dass die deutschen Preise im europäischen Vergleich nicht besonders hoch sind. Sie liegen im Mittelfeld. Der Strompreis ist in Deutschland das Resultat eines Wettbewerbs auf offenen Märkten. An der deutschen Strombörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig kaufen und verkaufen 216 Firmen aus 19 Ländern Strom. 

Energie ist europaweit zunehmend knapp und gerade in Deutschland mit hohen Steuern und Abgaben belastet. Der Strompreis besteht zu etwa 40 Prozent aus Mehrwertsteuer, Ökosteuer und Abgaben nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz und Konzessionsabgaben. Seit der Marktliberalisierung 1998 ist die Steuerbelastung des Stroms auf das Sechsfache gestiegen. Über 40 Prozent des Preisanstiegs für Haushaltskunden in den vergangenen Jahren gehen auf höhere Steuern und Abgaben zurück. Der Handel mit CO2-Zertifikaten als zusätzliche, staatlich gewollte Belastung ist dabei noch nicht berücksichtigt. 

Zum anderen ist der Anstieg der Preise eine Reaktion auf die Liberalisierung der Strommärkte. Damals brachen die Preise in Deutschland zunächst um gut ein Drittel ein und haben sich in den vergangenen Jahren schrittweise erholt. Der Strompreis vor Steuern und Abgaben ist seit 1998 in etwa gleich geblieben. In nahezu allen anderen Branchen sind die Preise in diesem Zeitraum drastisch gestiegen. 

Eine Studie der Wirtschaft sberatung A.T. Kearney sagt für die kommenden Jahre steigende Strompreise voraus. Kapitalknappheit könnte dazu führen, dass viele Unternehmen geplante Investitionen nicht werden finanzieren können. Der Neubau von Kraftwerken würde aufgeschoben, der europäische Kraftwerkspark immer älter werden. Die Folge: Preise steigen, die Klimaschutzziele geraten in Gefahr. 

Das Beratungsunternehmen Frontier Economics hat die Belastungen der Zukunft für die deutschen Energieversorger zusammengerechnet. Insgesamt reduzieren die Netzausbauten und die Versteigerung der Emissionszertifikate den freien Cash Flow der Energieversorger – aus dem werden Investitionen finanziert – bis 2020 um etwa 90 Milliarden Euro. 

Dazu kommen durch den Ausstieg aus der Kernenergie bedingte Kosten von rund 45 Milliarden Euro. Die deutschen Energieversorger bereiten sich auf mehr als 130 Milliarden Euro Ausgaben vor. 

Dieses Geld fehlt – für Innovationen in klimaschonende Technologien, für Investitionen in die Versorgungssicherheit, zur Abwehr freundlicher oder weniger freundlicher Übernahmen. Trotzdem plant die deutsche Stromwirtschaft  Investitionen von mehr als hundert Milliarden Euro – in neue Kraftwerke, in Modernisierung und in die Entwicklung zukunftsfähiger Technologien. Diese Investitionen sind enorm wichtig für eine zuverlässige und möglichst CO2–arme Energieversorgung in der Zukunft. Sie müssen aber heute finanziert werden. 

Zum großen Teil stammen die deutschen Stromnetze aus den späten 60er- und frühen 70er-Jahren. Sie sind auf Dauer der Liberalisierung nicht gewachsen, nicht dem zunehmenden Stromhandel, nicht der Verlagerung von Kraft werken, nicht dem Einspeisen erneuerbarer Energien. Modernisierung und Neubau sind deshalb unverzichtbar – sonst steigt das Risiko. Mit Stromausfällen von durchschnittlich nur 19 Minuten pro Jahr und Kunde hat Deutschland die höchste Netzsicherheit in Europa. Sie ist bedroht, wenn den Energieversorgern eines Tages die Mittel für Investitionen fehlen. Ein einstündiger Blackout an einem Wintertag kostet die deutsche Volkswirtschaft  zwischen 600 Millionen und 1,3 Milliarden Euro – jede Minute also 20 Millionen Euro. Trotz all dieser Argumente ist Stromkunden schwer zu vermitteln, dass die Konzerne Rekordgewinne machen, aber die Preise nicht senken. Fest steht: Die Energiewirtschaft  muss ihre Kraftwerke und Netze in den kommenden Jahren erneuern und ausbauen. Der Finanzbedarf dafür ist gewaltig. 

Die Energiewirtschaft ist zugleich ein sehr langfristiges Geschäft. Wer heute ein Kraftwerk baut, muss für Jahrzehnte planen. Eigenkapital ist für deutsche Unternehmen im scharfen internationalen Wettbewerb wichtig, um Übernahmen durch ausländische Konzerne zu verhindern. In vielen Ländern Europas sind Energieversorger nicht im gleichen Maße dem Wettbewerb ausgesetzt, sie stehen in einigen Fällen als «nationale Champions» unter dem finanziellen Schutz ihrer Regierungen, produzieren billige Kernenergie oder genießen Ausnahmegenehmigungen für Emissionen. 

Energieversorger brauchen viel Kapital. Neue Windparks oder Großkraftwerke kosten Milliarden. Die Investitionskosten sind deutlich gestiegen – bei den erneuerbaren Energien und bei neuen fossilen Kraft werken. Gemessen daran ist die Ertragslage vieler Versorger nicht üppig. 

Durch die Investitionen der Energieversorger fließen gewaltige Summen zurück in den Wirtschaftskreislauf. Sie sichern zehntausende Arbeitsplätze bei Zulieferern und Dienstleistern. Mehr als sechs Prozent des Umsatzes investieren die Stromversorger wieder – doppelt so viel wie zum Beispiel der Maschinenbau oder der Fahrzeugbau. 

Ein wesentlicher Grund für vorübergehend erhöhte Gewinne ist auch, dass viele Kraftwerke inzwischen in Deutschland abgeschrieben sind, neue Investitionen aber noch nicht im gleichen Umfang zum Tragen kommen. Schließlich sind die guten Gewinne auch Resultat von Effizienzsteigerungs- und Kosteneinsparungsprogrammen.

Überzeugen diese Argumente nicht, kann sich jeder Verbraucher in Deutschland selbst helfen, indem er den Stromanbieter wechselt. In jedem Ort und jeder Stadt gibt es zu jedem Anbieter mindestens fünf Konkurrenten.